Freitag, 17. Februar 2006

Andere Länder, andere Sitten

Lieber Leser, stell dir mal folgende Situation vor: Es ist Samstag, Sommer und Stabhochsprung. Letzteres war natürlich Kwatsch und wurde von mir nur der dreifachen Alliteration wegen eingefügt. Also begnügen wir uns mit der Vorstellung eines sonnigen Sommersamstags.
Du hast beschlossen, aus deinem Waschbärbauch einen Waschbrettbauch zu machen und bist zu einer mehrstündigen Fahrradtour aufgebrochen. 382,96 km radelst du fröhlich vor dich hin und dann überkommt es dich: ein immer stärker werdendes Hungergefühl. Glücklicherweise erspäht dein wachsames Auge kurze Zeit später einen Schnellimbiss am Straßenrand. Du parkst dein neues Fahrrad in den dafür vorgesehenen Fahrradparkvorrichtungen, schließt ab und betrittst den Imbiss. Der Geruch von ranzigem Fett schlägt dir entgegen, der fleischige Besitzer guckt dich an, als wärst du George Bush Satan persönlich, zündet sich eine neue Zigarette an und am liebsten würdest du direkt wieder fluchtartig das Etablissement verlassen, wenn der Hunger nicht mittlerweile so stark geworden wäre, dass du ihn kaum aushalten kannst. Du bestellst dir also einen frischen Salat, zum einen, weil er gesund ist (schließlich läuft ja dein Projekt "Waschbär") und zum anderen, weil die Chance dort am größten ist, dass er nicht im Fett gebadet hat. Der Besitzer öffnet den Kühlschrank, fischt mit seinen Wurstfingern nach der letzten Salatschale, knallt sie vor dir auf den Tresen und lässt dich dafür 6,20€ latzen. Widerwillig bezahlst du, setzt dich an einen freien Tisch, öffnest das Behältnis und fängst an zu futtern wie ein Scheunendrescher. Kurze Zeit später dann das böse Erwachen: In dem angeblich frischen Salat tummelt sich fröhlich eine Insektenfamilie...

So weit, so eklig. Aber jetzt wird's interessant. Jetzt betrachten wir nämlich die weitere Entwicklung der Geschichte abhängig vom Land, in dem sich diese zuträgt.

Deutschland
Verärgert weist du den Imbissbudenbesitzer auf die Unzumutbarkeit hin, worauf er patzig entgegnet, dass du ja woanders essen könntest, wenn dir was nicht passt. Trotz längerer Diskussion weigert er sich, das Geld herauszugeben, also verlässt du frustriert, angewidert, um 6,20€ ärmer und immer noch hungrig den Imbiss und schwörst dir, ihn nie wieder zu betreten. Draußen stellst du fest, dass dein Fahrrad weg ist.

Türkei
Du zückst dein Handy, rufst jeden deiner 91,3 Brüder an und beschreibst ihnen detailliert die Lage der Imbissbude. Kurze Zeit später halten 50 schwarze BMWs mit quietschenden Reifen vor dem Schnellrestaurant, deine Brüder stürmen mit sämtlichen Verwandten 2. bis 5. Grades in das Lokal und gemeinsam verwüstet ihr genüsslich die Inneneinrichtung. Das Fahrrad lässt du stehen, hast du letztens eh irgendeinem Kerl geklaut, der in einem Schnellimbiss Theater wegen irgendwas gemacht hat.

Iran
Du siehst in den Insekten eine Beleidigung deiner Religion, machst einen Riesenaufstand, verbrennst 22 Flaggen mit dem Logo des Imbisses und rufst unentwegt "Allah ist groß!" Da der Imbissbudenbesitzer ebenfalls Moslem ist, stimmt er in dein Rufen mit ein, holt seine halbautomatische Waffe unter der Theke hervor, schießt ein paar Mal in die Luft und Arm in Arm rennt ihr protestierend und Flaggen verbrennend durch die Straßen. Nach und nach schließen sich euch immer mehr Glaubensbrüder an und ihr verbrennt sämtliche Fahrräder der Stadt. Hinterher weiß zwar keiner mehr, warum ihr das macht, es interessiert euch aber auch nicht.

China
Du denkst dir "Lecker, sogar mit Fleischbeilage" und isst den Salat seelenruhig auf. Danach bittest du den Besitzer des Lokals um das Rezept, schwingst dich auf dein Fahrrad und radelst gesättigt und zufrieden gen Heimat.

USA
Du verklagst den Imbissbudenbesitzer, forderst 5.000.000$ und 10 neue Fahrräder Schadenersatz und gewinnst.

Israel
Du verklagst den Imbissbudenbesitzer, forderst umgerechnet 3.000€ Schadenersatz... und verlierst! Der Richter ist der Meinung, dass man Insekten in einem frischen Salat nicht ausschließen könne und dies nicht heißen würde, dass er verdorben ist. Weil er deine Klage außerdem als Versuch sieht, dich auf Kosten des Restaurants zu bereichern, verurteilt er dich selber zu einer Strafe von umgerechnet 500€. Um dies zu bezahlen, musst du dein Fahrrad verkaufen.

Gerade läuft: Arctic Monkeys - Red Light Indicates Doors Are Secured (Album: Whatever People Say I Am, That's What I'm Not)

PS: Der Vollständigkeit halber erwähne ich, dass der Barry die Israel-Geschichte zuerst erzählt und der Martin sie zuzweit im Internetz gefunden hat.

3 Kommentar/e:

Stuessy hat gesagt…

Nur wegen dem einen eigentlich recht popeligem Link hast du so 'nen Hammertext geschrieben? Respekt!! *DAUMENS HOCH*

Übrigens hast du die langweiligen Engländer vergessen. Die würden's einfach essen, bezahlen und gehen. Engländer haben nämlich nie eine Beschwerdekultur geschaffen (schon gar nicht im kulinarischen Bereich). Habe ich nämlich letztens 'ne Doku drüber gesehen. Aber das nur al Randnotiz.

Martin hat gesagt…

Zum 1. Absatz: Ja :)

Martin hat gesagt…

Hier sollte viel mehr kommentiert werden. Test123.

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