Es wird mal wieder Zeit, ein Buch zu empfehlen, das es geschafft hat, die strengen turbomartinschen Qualitätskontrollen zu passieren und den immensen Arbeitsaufwand, den eine Buchempfehlung mit sich bringt, zu rechtfertigen. Ebendieser war für das hier empfohlene Buch - die Rede ist übrigens von Lucy Kellaways Debütroman "Depptop" - sogar so groß, dass ich erst jetzt einen angemessenen Wortschwall fabrizieren kann, obwohl ich das Buch bereits im Urlaub verschlong. Aber was tut man nicht alles, um seinem Bildungsauftrag gerecht zu werden?!
Ich fang auch ganz behutsam an, und zwar mit dem Dreh- und Angelpunkt des Romans. Der heißt Martin Lukes, ist Marketingdirektor der Londoner Firma A&B und der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen. Gäbe es die Worte egoistisch, narzisstisch und opportunistisch noch nicht, für Martin Lukes müssten sie erfunden werden. Kein Tag vergeht, an dem er sich nicht bei seinen Vorgesetzten einschleimt, an dem er nicht seine Untergebenen tyrannisiert und an dem er nicht seine Frau belügt und betrügt. Doch für Lukes ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Es gilt, die maximale Performance um 22,5% zu steigern, was immer das auch heißt. Zu diesem Zweck bucht Martin ein 12-monatiges Coaching-Programm, das ihm zu ungeahnten Karrierehöhen verhelfen soll. Per E-Mail...
E-Mail ist rein zufällig auch direkt ein gutes Stichwort. Denn: "Depptop" besteht aus nix anderem. Auf knapp 500 Seiten schnüffelt man sich Big Brother-mäßig durch Martin Lukes' "Gesendet"-Ordner, liest sämtliche Mails an Chefs, Kollegen, Frau, Geliebte und Kinder und lernt so sämtliche Facetten der Hauptfigur kennen. Der Handlung kann man dabei besser folgen, als man im ersten Moment denkt - die fehlenden Informationen sind leicht aus Martins Antworten herauszulesen. Gerade das ist auch eines der Dinge, die mir besonders an "Depptop" gefallen haben: wenn man's genau nimmt, steht die eigentliche Handlung überhaupt nicht im Buch, sondern manifestiert sich fast ausschließlich im Kopf des Lesers; "Depptop" bestimmt lediglich die Rahmenbedingungen. Mögig, sowas. Buch 2.0 quasi, mit lesergeneriertem Content.
Aber nicht nur, dass "Depptop" interessant konzeptioniert ist - das Gerät ist auch noch zum Schreien komisch! Realsatire at its best! Ich könnte wetten, dass jeder, der schonmal in einer größeren Firma gearbeitet hat, einen Martin Lukes kennt; und auch die anderen Charaktere wie z.B. der "dynamische" CEO Barry Malone (von dem auch einige Rundmails abgedruckt werden) wirken wie aus dem echten Leben gegriffen. Klar, alles ist maßlos übertrieben und wird ins Lächerliche gezogen (z.B. das Millionenprojekt "Re-Branding", in dem der Firmenname von A&B in a-b glöbâl geändert wird). Aber alles enthält eben doch ein Körnchen Wahrheit und ist deshalb nochmal doppelt so lustig. Und um mal langsam zum Ende zu kommen: Wer Stromberg mag, wird auch bei "Depptop" voll auf seine Kosten kommen. Versprochen.
Gerade läuft: Jupiter Jones - Luft malen und Wunder erklären (Album: Entweder geht diese scheußliche Tapete - oder ich)
2 Kommentar/e:
Magst dus mir mal ausleihen :-)
Ok :)
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