Was für ein Timing! Pünktlich zum Ende dieses Praxisquartals (und damit auch zum Ende meines Anti-Aggressions-Trainings durch die Bahn) hab ich's geschafft, die Lektüre von Sven Regeners "Neue Vahr Süd" zu beenden. Und wenn es einen einzigen Grund gibt, die täglichen Bahnfahrten zu vermissen, dann ist es der, dass ich das Buch nicht direkt nochmal lesen kann. Kein Wunder also, dass ich ihm einen huldigenden Blogeintrag gönnen werde, in dessen 2. Absatz sich eine kurze Inhaltsangabe befindet.
"Neue Vahr Süd" ist nach dem grandiosen "Herr Lehmann" Sven Regeners zweiter Ausflug in die Welt der Schriftsteller, handelt wie "Herr Lehmann" auch von Herrn Lehmann, spielt aber anders als "Herr Lehmann" nicht im Berlin der späten 80er, sondern im Bremen der frühen 80er Jahre. Zu dieser Zeit wurde Herr Lehmann noch von allen Frank genannt, hat aber trotzdem nicht weniger Probleme. Schließlich hat Frank aus ihm selbst nicht ganz verständlichen Gründen vergessen, den Wehrdienst zu verweigern und muss jetzt zur Bundeswehr. Fortan verbringt er seine Mon- bis Freitage also damit, seine Hemden auf DIN A4 zu falten und sich bei Hauptfeld, Spieß und Stuffz ordnungsgemäß abzumelden, während er an den Wochenenden zusammen mit seinem besten Freund Martin Klapp und gefühlten 20 anderen (Ex-)Genossen in der wahrscheinlich chaotischsten WG Bremens haust und Bier trinkt oder die Grillplatte Balkan isst. Und dann gibt's da ja auch noch Birgit und Sibille, die Frank zusätzlich verwirren...
Natürlich liegt bei "Neue Vahr Süd" ein Vergleich mit "Herr Lehmann" nah. Und der geht so: Das Buch ist nicht so gut wie "Herr Lehmann". Sondern besser. Der Grund dafür ist eigentlich sehr simpel. "Neue Vahr Süd" hat nämlich alles, was schon Sven Regeners ersten Roman so toll gemacht hat, ist aber doppelt so lang. Das bedeutet, man darf sich an doppelt so vielen skurrilen Situationen erfreuen, in die sich nur Frank Lehmann bringen kann, man lernt doppelt so viele skurrile Leute kennen, die nur Frank Lehmann kennen kann und vor allem wird man Zeuge von doppelt so vielen gedanklichen Verrenkungen, wie sie nur Frank Lehmann zustande bringen kann. Fast schon nebenbei ist "Neue Vahr Süd" auch noch ein bisschen nachdenklich, ein bisschen melancholisch oder einfach nur schön. Also kurz gesagt, bedingungslos zu empfehlen und ganz ganz großes Tennis.
Übrigens: Was für "Herr Lehmann" der Satz "Diese Mischung aus Herr Lehmann sagen und duzen, das ist echt das Schlimmste.", ist für "Neue Vahr Süd" der Satz "Man spricht nicht über Anwesende in der dritten Person." Das nur so als Info.
Gerade läuft: Otep - Filthee (Album: Sevas Tra)
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